SciFi im Zeitalter der Digitalisierung
Leben wir schon heute in einer Science-Fiction-Welt? Viele zentrale Themen der Science-Fiction sind längst ein Bestandteil der realen Alltagswelt, insbesondere hinsichtlich der weltweiten Vernetzung über das Internet oder der massenhaften Verwendung von Smartphones. Die Fortschritte in der Medizin sind beachtlich und in der Arbeitswelt erledigen Industrieroboter und Künstliche Intelligenz viele Tätigkeiten für den Menschen, inklusiv den Risiken und Nebenwirkungen. Wie steht es aber um die anderen klassischen Science-Fiction-Themen?
Die Risiken und Nebenwirkungen dieser Entwicklung sind natürlich auch deutlich sichtbar. Die Zerstörung der Umwelt, soziale Ungerechtigkeiten, die zu Kriegen führen, oder auch die Gefahr, in einem Überwachungsstaat zu leben, wären da zu nennen. Nun ist es aber auch nicht so, dass überhaupt nichts passiert, um diesen negativen Folgen entgegenzuwirken, nur eben nicht genug.
Der Ausbau erneuerbarer Energien ist hierbei wohl der vielversprechendste Ansatz, die Umwelt zu schonen. Der Verzicht auf fossile Brennstoffe bei einem Umstieg auf selbstfahrende und mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz gesteuerte Elektrofahrzeuge ist ein weiteres positives Zukunftsszenario, aber nur wenn die für die Fahrzeuge benötigten seltenen Rohstoffe ebenfalls umweltschonend abgebaut werden, und auch nicht weiter wie bisher, unter menschenverachtenden Arbeitsbedingungen.
In einer positiv gedachten Science-Fiction-Welt werden diese Arbeiten natürlich von Robotern und anderen Maschinen erledigt, nicht nur auf der Erde, sondern auch im Weltraumbergbau beim Abbau wertvoller Rohstoffe auf erdnahen Asteroiden und die Menschen haben endlich Zeit genug, sich ihren wahren Interessen und Hobbys zu widmen und ihre Freizeit und ihr Leben zu genießen. Ihr Lebensunterhalt ist durch ein bedingungsloses Grundeinkommen gesichert, problemlos finanzierbar durch die Steuereinnahmen aus den enormen Gewinnen einer weltweit vernetzten Industrie 4.0.
Langweilig wird es in dieser Welt auf jeden Fall nicht, denn die immer noch benötigten menschlichen Arbeitskräfte, ob nun im Pflegebereich oder in hochqualifizierten Berufen in der Forschung, empfinden eine enorme Steigerung ihres Selbstwertgefühls, wenn sie sich freiwillig und zusätzlich zu ihrem Grundeinkommen auch noch gut bezahlt, zum Wohle der Allgemeinheit engagieren.
In einer negativ gedachten Science-Fiction-Welt nehmen soziale Ungerechtigkeiten weiter zu, was auch immer mit einer Zunahme von Kriminalität verbunden ist und den Befürwortern eines Überwachungsstaates ihre Argumente liefert. Auf die anfangs gestellte Frage, ob wir schon heute in einer Science-Fiction-Welt leben, lautet die Antwort jedenfalls "Nein", zumindest was eine positiv gedachte Science-Fiction-Welt betrifft, solange immer mehr, überall deutlich sichtbare Überwachungskameras im öffentlichen Raum der einzige Gegenentwurf zu einem bedingungslosen Grundeinkommen darstellen.
Neben dem Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens sind es aber auch neue gesetzliche Regelungen zum Schutz der Privatsphäre, etwa durch die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), mit der zumindest in der EU die Demokratie aufrecht erhalten werden soll, auch wenn weltweit eher die Tendenz hin zu einer negativ gedachten Science-Fiction-Welt im Sinne einer Überwachungsdiktatur erkennbar ist.
SciFi wird zu einem KI-Thema
Wie steht es aber um die anderen klassischen Science-Fiction-Themen, wie beispielsweise der interstellaren oder intergalaktischen Raumfahrt oder auch dem aus den Star-Trek-Serien bekannten "Beamen", dem Kontakt zu Aliens oder etwa dem Thema "Zeitreisen"? Hier wird eines immer deutlicher: "Künstliche Intelligenz" (KI), ebenfalls schon lange ein zentrales Thema der Science-Fiction, dort jedoch eher im Sinne einer weiter entwickelten Form von KI mit einem eigenen Bewusstsein, hat einen immer stärkeren Einfluss auf sämtliche anderen SciFi-Themen, sodass diese selbst mehr und mehr zu einem KI-Thema werden, oder zumindest mit neuen Technologien aus dem Umfeld der "Digitalisierung" in engem Zusammenhang stehen, wie etwa der "Virtual Reality" (VR).
Um etwa die großen Distanzen im Weltraum überwinden zu können, gibt es in der Science-Fiction natürlich den "Warp-Antrieb" und die "Wurmloch"-Technologie, mit deren Hilfe Raumfahrten mit Überlichtgeschwindigkeit möglich sind. Auch in der realen Welt der Wissenschaft wird an diesen Themen geforscht. Allerdings mehr in Form von theoretischen Konzepten und mathematischen Berechnungen im Rahmen der Grundlagenforschung. Wie daraus tatsächlich technische Anwendungen entwickelt werden könnten, davon besteht noch nicht einmal eine vage Vorstellung. Daher werden solche Fantasien aus wissenschaftlicher Sicht auch eher als unrealistisch betrachtet.
Bei der herkömmlichen Raumfahrt ist es jedoch der Zeitfaktor, der eine Reise zu anderen Sternensystemen verhindert, selbst wenn es gelingen würde, Raumfahrzeuge zu entwickeln, die annähernd Lichtgeschwindigkeit erreichen könnten. Eine Reisedauer von Jahrhunderten oder eher Jahrtausenden wäre normal, um einen bewohnbaren Planeten zu finden, jedenfalls in unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße. Bei der Reise zu benachbarten Galaxien sind es dann schon Jahrmillionen.
Hier wäre es denkbar, zukünftig eine Methode des Einfrierens und Wiederbelebens zu entwickeln, sodass sich der Körper während der Reise in einer Art "Winterschlaf" befindet. Vielleicht befänden sich an Bord eines interstellaren Raumschiffes aber auch eingefrorene befruchtete menschliche Eizellen, die von Robotern bei der Ankunft am gewünschten Zielort wieder aufgetaut und zur Aufzucht einer neuen Menschen-Generation verwendet werden.
Genauso könnte man aber auch gleich von Anfang an, ein sehr großes Generationen-Raumschiff planen, auf dem die Besatzung ihr gesamtes Leben verbringt, dort Kinder zeugt, diese heranzieht und ausbildet, damit die Kinder später die Aufgaben an Bord des Raumschiffes übernehmen können, die dann später ihrerseits wieder Kinder zeugen, usw. Dies würde jedoch viele ethische Fragen aufwerfen, etwa ob es überhaupt ethisch vertretbar wäre, den an Bord des Generationen-Raumschiffes geborenen Kindern ein solches Leben zuzumuten.
Dass der Zeitfaktor, also die extrem lange Dauer der interstellaren Raumfahrt einen entscheidenden Hinderungsgrund für derartige Weltraummissionen darstellt, hängt natürlich in erster Linie mit der begrenzten Lebensspanne des Menschen von ca. 70 – 80 Jahren zusammen und zwar nicht nur für die Besatzungsmitglieder der Raumschiffe selbst, sondern auch für die Menschen, die auf der Erde zurückbleiben. Welche Gesellschaft wäre schon bereit, Milliardensummen in eine Weltraummission zu investieren, wenn erst wieder in mehreren tausend oder zehntausend Jahren die erste Rückmeldung zu erwarten ist.
Zukunftsforscher gehen jedoch davon aus, dass sich diese menschliche Denkweise grundlegend ändern würde, wenn der Mensch über eine unbegrenzte Lebensspanne verfügen könnte, etwa wenn die Übertragung des menschlichen Geistes in einen Computer, ein Computer-Netzwerk oder auch in ein künstliches neuronales Netz möglich wäre, in dem der menschliche Geist ohne seinen biologischen Körper in einer virtuellen Realität (VR) als "VR-Mensch" leben kann. Ein solcher "Mindupload", der im Science-Fiction-Genre natürlich schon lange ein Thema ist, beschäftigt aber auch immer mehr Forscher, die im Forschungsbereich der "Künstlichen Intelligenz" (KI) tätig sind und die von Millioneninvestitionen großer Firmen profitieren, denn ein "Mindupload" und die Entwicklung einer KI mit Bewusstsein beruhen auf den selben Prinzipien.
Auch das "Beamen" wäre wesentlich einfacher, bzw. könnte dann erst tatsächlich funktionieren, wenn lediglich der menschliche Geist ohne seinen biologischen Körper von dem einen zum anderen Computersystem "teleportiert" würde. Natürlich müsste auch hier das "Empfängersystem" zunächst einmal auf konventionelle Art zum Zielort transportiert werden. Aber dann könnten die "VR-Menschen" als Datenstrom mit Lichtgeschwindigkeit dort hingesendet werden.
Aliens sind in der Science-Fiction auch schon längst zur KI geworden und jene Wissenschaftler, die sich ernsthaft mit der Frage beschäftigen, ob wir allein im Universum sind, ziehen immer mehr die Möglichkeit in Betracht, dass wir bei einem ersten Kontakt zu einer hochentwickelten außerirdischen Zivilisation nicht auf biologische, sondern digitale Wesen treffen.
Zwar beruht die Weltraumfahrt in den meisten Science-Fiction-Serien immer noch auf den "Warp-Antrieb" oder die "Wurmloch"-Technologie und das ändert auch nichts an der weiterhin großen Beliebtheit dieser Serien, wenn auch mehr und mehr aus nostalgischen Gründen. Aber etwas hat sich doch geändert: Bei den vielen, zumeist auch technikbegeisterten Science-Fiction-Fans, die die vielen neuen sachlich informativen, wissenschaftlichen und zugleich künstlerisch effektvoll gestalteten Fernsehdokumentationen zum Thema Zukunftsforschung zumindest ebenso lieben, wie ihre Science-Fiction-Serien, verschwindet nach und nach dieses "ungute Gefühl", das sich bislang beim Betrachten der meisten Science-Fiction-Serien immer irgendwie mit eingeschlichen hat, nämlich dass die interstellare Raumfahrt für eine sehr lange Zeit, wenn nicht sogar für immer, nichts als ein schöner Traum bleiben wird, eben Science-Fiction.
Stattdessen schwingt nun ein neues, beruhigendes Gefühl, wenn auch teilweise unterbewusst, beim Genießen der meisten, selbst älteren Science-Fiction-Serien mit, das auf auf der Erkenntnis beruht, dass erfolgreiche Science-Fiction-Serien irgendwann einmal zum zeitgeschichtlichen Kulturgut werden, wie es die alten "Star-Trek"-Serien schon heute sind und die Produzenten dieser Serien uns nicht mehr nur das Unmögliche vorhersagen, sondern einfach noch nicht die enormen Möglichkeiten der Digitalisierung in ihre Serien mit einbezogen haben, eben dass es den Menschen als "VR-Menschen" schon sehr bald möglich sein könnte, die großen Distanzen im Weltraum zu überwinden.
Selbst der Wunsch vieler Science-Fiction-Fans, mit Hilfe einer echten Zeitmaschine, Zeitreisen in die Vergangenheit unternehmen zu können, wird sich laut Zukunftsforschern eines Tages darauf beschränken, sich in einer perfekt gestalteten virtuellen Realität (VR) aufzuhalten, die die gewünschte vergangene Zeitepoche derart real darstellt, dass der Besucher den Unterschied zu einer realen Umgebung nicht mehr wahrnehmen kann und dieser sich dann fragen wird, warum er sich dann noch "echte" Zeitreisen wünschen sollte.
KI zwischen Reality und SciFi
Viele, die diese Zukunftsvisionen jedoch noch zu sehr an Science-Fiction erinnern, fragen sich verwundert, warum große Firmen so sehr an solchen Themen interessiert sind und Millionenbeträge investieren, um die "digitale Welt" Realität werden zu lassen. Sind es nur geschickte neue Marketing-Strategien oder steckt mehr dahinter? ...mehr »