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Interozeption – Exterozeption

Interozeption - Exterozeption

Sinneswahrnehmung kann in "Sehen", "Hören", "Riechen", "Schmecken" und "Fühlen" unterteilt oder nach äußeren und inneren Reizen unterschieden werden, zwei Bereiche, für die es in den Neuro- und Kognitionswissenschaften zwei häufig verwendete Begriffe gibt: Exterozeption, für die Wahrnehmung von äußeren Reizen (von der Außenwelt) und Interozeption, für die Wahrnehmung von inneren Reizen (aus dem Körperinneren).

Bei einer weiteren Unterteilung dieser beiden Bereiche, werden gleiche Begriffe jedoch leider unterschiedlich verwendet oder es kommt zu Überschneidungen, was dann oft zu einer Begriffsverwirrung führt ...


Die Interozeption (innere Reize) wird auch als "Wahrnehmung aus eigenen Körperabschnitten und über eigene Körperabschnitte" beschrieben. Hier stellt sich zunächst einmal die Frage, worin denn überhaupt der Unterschied besteht, wenn etwas "aus" den oder "über" die eigenen Körperabschnitte wahrgenommen wird. Zu den Körperabschnitten zählen beispielsweise die Beine, die Arme, Bauch, Becken, Kopf oder auch kleinere Körperabschnitte, wie z.B. eine einzelne Hand, ein Finger, einzelne Muskeln, Organe, wie Magen, Darm, Lunge, Herz, usw.

Bei den Reizen, die "aus" den Körperabschnitten stammen, könnte es sich z.B. um Empfindungen von Druck, Dehnung, Kälte, Hitze oder auch Schmerz handeln. Wenn von Wahrnehmungen "über" die Körperabschnitte die Rede ist, kann die Wahrnehmung der Lage oder Stellung einzelner Körperteile zueinander als Beispiel herangeführt werden.

Ob ein Arm beispielsweise gebeugt oder gestreckt ist, wäre dann eine Wahrnehmung "über" diesen Körperabschnitt, ein Muskelschmerz in dem Arm hingegen eine Wahrnehmung "aus" diesem Körperabschnitt. Genauso könnte man den Muskelschmerz aber auch als eine Wahrnehmung "über" den Arm bezeichnen, je nachdem, ob nun der Muskelschmerz oder der Arm selbst im Vordergrund der Betrachtung steht.

Ähnliches gilt, wenn beispielsweise bestimmte Situationen oder auch eigene Gedanken eine Körperempfindung auslösen, die dann als Emotion empfunden und oft auch als "Bauchgefühl" beschrieben wird, wobei hier ein wirkliches Spüren in der Bauchgegend gemeint ist, und nicht die sprichwörtliche Eigenschaft, Entscheidungen unbewusst "aus dem Bauch heraus" zu treffen. Auch hierbei handelt es sich um interozeptive Wahrnehmungen, etwa wenn Ängste, Sorgen oder Stress Magenschmerzen oder Übelkeit auslösen. Ob es sich dann um Wahrnehmungen "aus" oder "über" den entsprechenden Körperabschnitt handelt, in diesem Fall dem Bauch, hängt dann wieder vom jeweiligen Standpunkt der Betrachtung ab.

Etwas deutlicher gelingt die Unterscheidung zwischen Wahrnehmungen "aus" den und "über" die Körperabschnitte im Zusammenhang mit einem Bluthochdruck. Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Bluthochdruck unbewusst wahrgenommen wird, da die Körpersignale des Bluthochdrucks in bestimmten Bereichen des Gehirns verarbeitet werden, die dadurch wiederum die Stimmungslage beeinflussen. Es handelt sich dann zwar um eine interozeptive Wahrnehmung "aus" einem Körperabschnitt, in dem Fall aus den Blutgefäßen, aber keine Wahrnehmung "über" die Blutgefäße selbst, im Sinne einer bewussten Wahrnehmung.

Viszerozeption - Propriozeption - Nozizeption

Die Wahrnehmung der Lage des Körpers im Raum oder auch die Wahrnehmung von Lage oder Stellung einzelner Körperabschnitte zueinander, sowie die Wahrnehmung der Bewegung des Körpers oder einzelner Körperabschnitte, werden zusammengefasst auch als "Propriozeption" bezeichnet.

Viszerozeption

Die Wahrnehmung von Organtätigkeiten, beispielsweise ein Völlegefühl im Magen oder Schmerzen in der Lunge, werden zusammengefasst auch als "Viszerozeption" bezeichnet.

Ebenso wie "Sehen", "Hören", "Riechen", "Schmecken" und die "Oberflächensensibilität" (Empfindungen über die Hautoberfläche) Unterbereiche der Exterozeption sind, sind "Propriozeption" und "Viszerozeption" Unterbereiche der Interozeption. Diese Unterteilung der Interozeption, also in die beiden Unterbereiche "Propriozeption" und "Viszerozeption" findet man auch auf vielen Internetseiten, beispielsweise in zahlreichen Online-Lexika zum Thema Medizin, Psychologie, Neurologie, etc., sowie in vielen Fachbüchern.

Zur "Propriozeption" zählen per allgemein anerkannter Definition jedoch nur die Wahrnehmung der Lage des Körpers im Raum oder auch die Wahrnehmung von Lage oder Stellung einzelner Körperabschnitte zueinander, sowie die Wahrnehmung der Bewegung des Körpers oder einzelner Körperabschnitte und nicht etwa die Wahrnehmung eines Muskelschmerzes, der jedoch eindeutig auch zur Interozeption gehört. Ebensowenig zählen Muskel-, Gelenk- oder Konchenschmerzen zur "Viszerozeption", denn dieser Begriff umfasst ausschließlich die Wahrnehmung von Organtätigkeiten, wobei ein Schmerzempfinden aus einem Organ heraus, durchaus auch der "Viszerozeption" zuzuordnen ist.

Daher wird in manchen Fachartikeln oder Nachschlagewerken (aber eben nicht mehrheitlich!), seien diese nun online oder in gedruckter Form veröffentlicht, die Interozeption in drei Unterbereiche aufgeteilt, "Propriozeption", "Viszerozeption" und "Nozizeption", ein weiterer Fachbegriff, der allgemein mit "Wahrnehmung von Schmerzen" übersetzt wird. Hier kommt es allerdings zu Überschneidungen:

Interozeption-Tabelle

"Nozizeption" gehört sowohl zur Interozeption, als auch zu Exterozeption. Beispielsweise zählen Schmerzempfindungen der Haut, etwa bei Verbrennungen der Hautoberfläche, zur Exterozeption. Hier ist die Nozizeption allderdings nur ein Unterbereich der Obeflächensensibilität. In Bezug auf Muskel-, Gelenk- oder Konchenschmerzen stellt die Nozizeption tatsächlich einen weiteren, eigenständigen Unterbereich der Interozeption dar, da sie in diesem Fall weder zur Propriozeption, noch zur Viszerozeption gehört. In Bezug auf beispielsweise Magenschmerzen ist sie allerdings nur ein Unterbereich der Viszerozeption.

Gleiches wie für die Nozizeption gilt im Übrigen auch für die Wahrnehmung von Temperaturen, also dem Temperatursinn oder der "Thermozeption", sodass es noch einen weiteren, eigenständigen vierten Unterbereich mit den gleichen Überschneidungen gibt.

Begriffsverwirrung Interozeption

Während die bisher beschriebenen Überschneidungen von Bereichen noch leicht verständlich erklärt werden können, kommt es zu weitaus gravierenderen Begriffsverwirrungen, wenn der Begriff "Interozeption" von unterschiedlichen Neuro- und Kognitionswissenschaftlern verschieden verwendet wird.

Ursprünglich geht der Begriff "Interozeption" auf den brittischen Neurophysiologen Charles Scott Sherrington (1857–1952) zurück, der das Nervensystem und dessen Beteiligung an der Reizwahrnehmung erforschte. Dabei unterschied er Reize, die von den Innenflächen des Körpers stammen, hauptsächlich des Magen-Darm-Traktes, also den Innenwänden dieser Organe und Reize von der Außenfläche des Körpers, wozu nicht nur Reize der Hautoberfläche zählten, sondern alle von außen stammenden Sinneseindrücke.

Die inneren Reize der Organe bezeichnete Sherrington als "viszerale" (von lat. viscera = Eingeweide), "enterozeptive" (von griech. enteron = Darm) und auch als "interozeptive" Reize (von lat. inter = "inmitten von"), die von Außen stammenden Reize, als "exterozeptiv" (von lat. exterus = äußerlich).

Reize für die Wahrnehmung der Lage oder Stellung einzelner Körperabschnitte zueinander, die Sherrington als "propriozeptive" Reize bezeichnete, ordnete er in eine gesonderte Kategorie ein, die "Propriozeption", da diese Reize weder den Innenflächen, noch der Außenfläche des Körpers zuzuordnen waren.

Auch der portugiesische Neurowissenschaftler Antonio Damasio, der durch seine Arbeiten zur Bewusstseinsforschung und Bestseller wie "Descartes Irrtum" oder "Ich fühle, also bin ich: Die Entschlüsselung des Bewusstseins" bekannt wurde, verwendet ähnlich wie Sherrington den Begriff "Interozeption" nicht als Oberbegriff für "Porpriozeption" und "Viszerozeption".

Damasio verwendet bei der Erforschung des Zusammenwirkens bestimmter Bereiche des Gehirns und des Nervensystems bei der Entstehung von Emotionen, den Begriff "Interozeption" für sämtliche Körpersignale der Innenwahrnehmung, die sich von der "Porpriozeption" unterscheiden.

Sinne

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Der Mensch nimmt die Umwelt mit seinen Sinnen wahr. Damit sind üblicherweise Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen gemeint, sodass sich eine Anzahl von fünf Sinnen ergibt... ...mehr »



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